Dieses Jahr waren wir mit der Familie im Urlaub in Norwegen. Norwegen ist bekanntlich ziemlich groß und da wir in drei Wochen viele Ziele auf dem Zettel hatten, sind wir morgens immer früh aufgestanden und losgefahren.
Als wir an einem Abend die Pläne für den nächsten Tag besprechen wollten, meinte ich, am nächsten Tag hätten wir keine lange Strecke zu fahren, da müssten wir ja mal nicht mit den Hühnern aufstehen. Mein Sohn, in der Teenagerphase mit Hang zu ausgedehntem Morgenschlaf, fragte: "Wenn du sagst, wir müssen nicht mit den Hühnern aufstehen, was genau meinst du damit?"
Das ist eine hervorragende Frage. In unserer Familie gibt es nämlich sehr unterschiedliche Vorstellungen davon, was "früh" ist. Wenn ich mal so richtig ausschlafe, stehe ich um 7.30 Uhr auf. Unser Sohn versteht unter "nicht mit den Hühnern" eher halb elf am Vormittag. Nach den gängigen Vorstellungen bin ich also eher eine Lerche (Frühtyp oder Morgentyp), während der Sohn zu den Eulen (Spättyp oder Abendtyp) zählt.
Bei den Chronotypen gibt es auch eine Reihe von Untertypen und Mischtypen. Zur besseren Veranschaulichung bleibe ich bei den beiden Polen.
Über viele Jahre war Konsens in der Wissenschaft, dass es eigentlich egal ist, welcher Vogel man ist oder sagen wir es wissenschaftlicher, ob man nun der Chronotyp Frühtyp oder der Chronotyp Spättyp ist. Wichtig war, dass man genügend Schlaf bekam.
Diese Ansicht gerät momentan allerdings ins Wanken.
Einige Studien legen nahe, dass es vorteilhaft sein könnte, ein Morgentyp zu sein.
So war z. B. die Wahrscheinlichkeit, einen ungesunden Lebensstil zu haben bei den Eulen deutlich erhöht. Außerdem hatten sie ein höheres Diabetesrisiko, da der Blutzuckerspiegel höher war als bei den Frühtypen. So verhielt es sich auch mit dem LDL ("schlechtes" Cholesterin) und den Blutfettwerten.
Auch was das Risiko eine Depression zu erleiden angeht, waren die Spättypen im Nachteil.
Andere Studien zeigten, dass die Eulen weniger lang schlafen als die Lerchen, nämlich bis zu drei Stunden pro Nacht weniger.
Das ist deshalb ungünstig, weil das Gehirn auf eine gute Nachtruhe unbedingt angewiesen ist, um Giftstoffe in den Körper zur Ausscheidung abzugeben und Erinnerungen, Erlebnisse und Bilder richtig abzuspeichern. Im Schlaf werden auch Körperzellen neu gebildet, z. B. die Muskelzellen.
Wie eine Umschulung des Chronotyps von Eule auf Lerche gelingen kann
Zunächst einmal ist wichtig, dass du weißt, dass die Ergebnisse Hinweise darauf geben, dass die Umstellung der Schlafgewohnheiten positiv sein könnte. Allerdings ist noch nicht ganz klar, warum die Werte, die ich genannt habe, bei den Spättypen schlechter sind und das Risiko für Erkrankungen höher. Daran wird noch geforscht.
Wenn du sicher gehen willst und deinen Schlaf-Wach-Rhythmus jetzt schon anpassen möchtest, kannst du einige Dinge tun.
Wird es leicht sein, deine Gewohnheiten zu ändern?
Nein.
Ist es möglich?
Ja, sagen die Forschenden der Harvard Medical School. Nach deren Meinung ist der Chronotyp nämlich nicht unbedingt in Stein gemeißelt. Zwar gibt es Hinweise darauf, dass es eine genetische Komponente gibt, die einige Personen zu einem Spättyp macht. Die können sich nur bedingt umstellen. Allerdings ist nicht jede Person, die lieber spät ins Bett geht und aufsteht, durch die Genetik beeinflusst. Es gibt auch lange eingeübte Gewohnheiten, die den Rhythmus verstellt haben. Wenn du zu dieser Gruppe gehörst, kann dir eine Anpassung des Schlaf-Wach-Rhythmus gelingen.
(Ich bin nur die Überbringerin der Nachricht. Wenn du dazu eine andere Auffassung hast, schreib nicht mir, sondern den Leuten von Harvard.)
Schlafe, wenn es dunkel ist.
In einem anderen Beitrag habe ich schon einmal auf den natürlichen Lauf der Sonne hingewiesen und wie dieser unseren Hormonhaushalt beeinflusst.
Für unglaublich viele Körperprozesse und einen erholsamen Schlaf ist es enorm wichtig, dass du schläfst, wenn es dunkel ist. Wenn du als Eule erst um 2 Uhr nachts ins Bett gehst, ist die Zeit bis zum Sonnenaufgang einfach sehr kurz.
Mach dich abends müde, nicht munter
Tägliche Bewegung, ja, ich meine Sport, ist optimal, um deinen Körper in Balance zu bringen. Du solltest allerdings nicht kurz vor dem Schlafengehen noch deinen Kreislauf anregen. Das führt zu Schlafstörungen. Optimalerweise bist du bis drei Stunden vor dem Einschlafen mit deinen Übungen fertig.
Auch Alkohol und scharfes Abendessen können deinen Schlaf stören.
Programmiere deinen Körper langsam um
Es bringt dir mit ziemlicher Sicherheit gar nichts, wenn du versuchst, ab sofort drei Stunden früher ins Bett zu gehen. Das hältst du keine Woche durch.
Besser ist es, wenn du deinen Rhythmus langsam umstellst.
Zuerst setzt du dir ein Ziel für deine Einschlafzeit. Dann gehst du ausgehend von deiner momentanen Schlafenszeit alle fünf Tage jeweils 20 Minuten früher ins Bett.
Sagen wir, du möchtest in der Zukunft um 22.30 Uhr ins Bett gehen. Momentan gehst du aber noch um 1.30 Uhr ins Bett.
5 Tage lang ist deine Schlafenszeit dann 1.10 Uhr. Danach gehst du für fünf Tage um 0.50 Uhr. Danach gehst du für weitere fünf Tage um 0.30 Uhr ins Bett usw., bis du bei 22.30 Uhr angekommen bist.
Ja, ich weiß, das dauert. Aber es geht um deine Gesundheit und nicht um den 100m-Lauf bei den olympischen Spielen.
Wenn du den Eindruck hast, dass 20 Minuten zu viel sind, versuche es mit 15 Minuten. Weniger sollte es nicht sein.
Du wirst feststellen, dass du mehr Schlaf bekommst. Das allein ist schon gesundheitsförderlich.
Verändere deine Aufstehzeit.
Stehe nicht später als 9 Uhr morgens auf.
Du weißt schon, die Sonne...
Wie bei jeder Änderung der Gewohnheiten, brauchst du etwas Geduld. Nimm dir 90 Tage Zeit und setze in dieser Zeit das neue Verhalten konsequent um. Entscheide erst danach, wie du weitermachen möchtest.
Disclaimer:
Die hier dargelegten Informationen sind allgemeiner Natur und weder geeignet, eine Erkrankung zu diagnostizieren noch zu therapieren oder zu lindern. Sie stellen in keinem Fall eine Beratung im medizinischen Sinne oder sonstigen Sinne dar. Sie können den Rat durch einen Arzt/eine Ärztin/eine Heilpraktikerin/ einen Heilpraktiker oder medizinisches Fachpersonal nicht ersetzen.
Quellen:
Lotti, S., Pagliari, G., Colombi, B. et al. (2022). Chronotype Differences in Energy Intake, Cardiometabolic Risk Parameters, Cancer, and Depression: A Systematic Review with Meta-Analysis of Observational Studies. Advances in Nutrition, 13 (1), p. 269-281.
Kianersi, S., Liu, Y., Redeine, S. et al. (2023). Chronotype, Unhealthy Lifestyle, and Diabetes Risk in Middle-Aged U.S. women. Annals of Internal Medicine, 176 (10).
Salamon, M. (2024). Night owls may face higher diabetes risks. Harvard Medical School, Harvard Health Publishing.