Chronobiologie - Deine innere Uhr aus ayurvedischer Sicht


Das Wort „Chronobiologie“ ist neuerdings wieder in aller Munde.

Wie beeinflusst die Zeit den Körper oder biologische Systeme allgemein? Welcher Chronotyp bin ich? Welcher Schlaftyp bin ich? Bin ich Eule oder Lerche oder etwas in der Mitte?

Ayurveda ist die Lehre von einem langen, gesunden, sinnerfüllten Leben und beschäftigt sich schon seit 5000 Jahren mit diesem Thema.

Wir lassen die Eulen-Lerchen-Theorie hier unberücksichtigt, denn der Ayurveda ermöglicht ohnehin eine gewisse individuelle Varianz, die ja auch für Früh- bzw. Spättypen gilt. 

Wusstest du übrigens, dass es Eulen gibt, die durchaus auch tagsüber jagen und nicht nur nachts? 

Der Ayurveda betrachtet den Menschen als einen Mikrokosmos im Makrokosmos, also als ein Abbild der Gesetzmäßigkeiten des Universums im Kleinen. Somit sieht er die individuellen Unterschiede immer im Kontext des Ganzen. Damit ist der Mensch in diesem Sinne an den Rhythmus der Natur gebunden und nicht davon völlig losgelöst Frühaufsteher oder Spätaufsteher.

Ayurveda beachtet den natürlichen Tagesrhythmus von Hell und Dunkel und setzt ihn mit den Doshas Vata, Pitta und Kapha (den Wirkprinzipien) in Beziehung.


Innere Uhr auf ayurvedisch: Tageszeiten im Ayurveda


Lass uns das, was allgemein als innere Uhr bezeichnet wird, im ayurvedischen Sinne betrachten.

Im Ayurveda unterteilen wir den Tag in zwei Mal zwölf Stunden. Jeder 12-Stunden-Zyklus hat eine Vata-, eine Pitta- und eine Kaphaphase.

Wenn du in Büchern nachliest, wirst du feststellen, dass man es sich einfach machen kann.

6 bis 10 Uhr: Kapha

10 bis 14 Uhr: Pitta

14 bis 18 Uhr: Vata

18 bis 22 Uhr: Kapha

22 bis 2 Uhr: Pitta

2 bis 6 Uhr: Vata

Dann heißt die Empfehlung gerne: Stehe vor der Kaphazeit auf, sonst wirst du unnötig träge. Das wäre dann nach der Einteilung oben vor 6 Uhr. Wenn du mich fragst, eine typisch westliche Sichtweise. Sehr logisch, oder? Teile 24 Stunden durch 6 und erhalte die Zahl 4. Jeder Zyklus ist dann genau 4 Stunden lang. Merk dir das, liebe Natur!

Wenn du aufmerksam durch die Welt gehst, ist dir sicher schon aufgefallen, dass die Sonne nicht das ganze Jahr über zur gleichen Zeit aufgeht. Im Sommer ist der Sonnenaufgang z. B. um 5.56 Uhr, im Winter aber erst um 8.11 Uhr.

Der Ayurveda geht immer mit dem Flow der Natur. Er schert sich nicht um unsere Vorliebe für Durchschnittsberechnungen.

Ich wette, dir ist ebenfalls schon aufgefallen, dass du im Sommer morgens besser aus dem Bett kommst als im Winter. Das liegt daran, dass für deinen Körper der Tag dann beginnt, wenn das Sonnenlicht in deine Augen fällt. Und das ist im Sommer nun mal früher als im Winter. Das klappt übrigens besonders gut, wenn du dich nicht mit Rolläden verbarrikadierst. Durch den Lichteinfall wird einem Bereich in deinem Gehirn signalisiert, dass der Tag anbricht. Daraufhin wird dein Körper aufgefordert, Cortisol und einige andere Hormone und Botenstoffe zu bilden, damit du wach wirst. 

Wenn im Winter um 6 Uhr dein Wecker klingelt, kann es sein, dass bis zum Sonnenaufgang noch 2 Stunden vergehen. Dein Körper befindet sich also noch in einer Ruhephase, Hormone wurden noch nicht ausreichend gebildet. Was passiert? Du ahnst es: Du bist noch müde und kommst nicht aus dem Bett.

Wenn der erste Lichtstrahl in dein Auge fällt, fängt dein Körper also, ganz vereinfacht gesagt, an, die innere Uhr neu auf einen 24-Stunden-Rhythmus zu stellen. Hat dein Körper den Hell-Dunkel-Rhythmus nicht zur Verfügung, kann er sich andere Orientierungspunkte suchen, z. B. dein Verhalten, den Zeitpunkt der Mahlzeiten, körperliche Aktivität usw. 

Optimal ist im Verständnis des Ayurveda allerdings, sich bestmöglich an dem natürlichen Rhythmus der Tageszeiten und damit am Licht auszurichten. 


Wie du einen Tageszyklus berechnest


Für deinen Körper wäre aus ayurvedischer Sicht folgende Berechnung des Tageszyklus sinnvoll:

Schaue dir die Zeiten von Sonnenaufgang und Sonnenuntergang an.

Bsp.:

Sonnenaufgang 8:03 Uhr (Wir runden auf 8 Uhr ab.)

Sonnenuntergang um 16:56 Uhr (Wir runden auf 17 Uhr auf.)

Tag ist also gerundet von 8 Uhr morgens bis 17 Uhr nachmittags. Das sind 9 Stunden. Diese 9 Stunden teilst du durch 3 (da 3 Doshas). Dann erhältst du die Zahl 3. Das ist das Stundenintervall pro Dosha.

Kapha beginnt also um 8 Uhr und dauert bis 11 Uhr. Gegen 11 Uhr beginnt die Pittazeit und dauert bis 14 Uhr. Um 14 Uhr beginnt die Vatazeit und dauert bis 17 Uhr. Die Doshas überschneiden sich ein wenig, weshalb du nicht übergenau zu sein brauchst.

Jetzt hast du einen Tagzyklus durchgerechnet.

Wir haben angenommen, Sonnenuntergang sei um 17 Uhr. Der Sonnenaufgang des nächsten Tages findet z. B. um 8:30 Uhr statt. Dann rechnest du wieder von 17 Uhr bis 8:30 Uhr sind 15 Stunden 30 Minuten. Oh ha, die Dunkelphase ist viel länger als 12 Stunden! Diese 15 Stunden 30 Minuten teilst du wieder durch 3 (da du von drei Doshas ausgehst), was 5 Stunden 10 Minuten ergibt. Jede Doshaphase dauert nachts also 5 Stunden und 10 Minuten.

Kapha beginnt also um 17 Uhr und dauert bis ca. 22:10 Uhr. Pitta beginnt gegen 22:10 Uhr und dauert bis 3:20 Uhr. Vata beginnt um 3:20 Uhr und dauert bis 8:30 Uhr am Morgen. Da geht – mit leichten täglichen Abweichungen – die Sonne auf. Passt.

Jetzt denkst du dir vielleicht: Ja, Janine, ganz toll. Voll die Rechenoperation. Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass ich das jeden Tag mache?

Natürlich glaube ich das nicht. So pedantisch wie ich es hier berechnet habe, brauchst du das auch nicht zu machen. Es reicht, ungefähr zu berechnen, wie viele Stunden der Tag hat und wie viele die Nacht.

Ich will dir aber dennoch aufzeigen, welche Auswirkungen es haben kann, wenn du die Zeiten ignorierst.


Was passiert, wenn du deine innere Uhr ignorierst


Dein Mittagessen wird relativ wenig beeinflusst. Ob die Pittaphase nun von 11 bis 14 Uhr oder von 10 bis 14 Uhr ist, ist nicht ganz so entscheidend. Nimm dein Mittagessen gegen 12 Uhr ein, dann bist du auf der sicheren Seite.

Anders sieht es am Morgen aus, ich erwähnte es bereits. Es macht einen Unterschied, wenn du um 6 Uhr aufstehst, obwohl die Sonne erst um 8:30 Uhr aufgeht. Damit ist dein gesamter Organismus zwei Stunden im „Rückstand“. Oder besser gesagt, bist du zwei Stunden zu früh dran. Wenn du dann noch nach dem Aufwachen direkt zur Kaffeemaschine schlurfst und dir mit einem guten Schuss Milch einen Kaffee zu Gemüte führst, bist du spätestens nach 2 Stunden wieder reif fürs Bett. Dann bleiben durch das Koffein bestimmte Stoffe im Gehirn, die die Müdigkeit fördern. Und das, obwohl du eigentlich wach werden wolltest.

Und nun denken wir auch mal an all die armen Schulkinder, die gezwungen werden, tagein tagaus - Sommer wie Winter - um 7:50 Uhr oder noch früher in der Schule zu sitzen. Erste Stunde Mathe. Und Gehirn und Körper sind noch im Schlafmodus – auch ohne Kaffee.

Wir zwingen also unseren Körper unser halbes Leben lang, einen völlig unphysiologischen Zustand zu kompensieren und fragen uns dann, warum wir Schlafstörungen haben, unter Erschöpfung leiden, krank und dick werden oder wahlweise depressiv oder aggressiv.

Ich höre dich schon rufen: Jetzt halt mal die Luft an! Ich kann doch im Winter nicht erst um 8 Uhr aufstehen! Ich muss um 8 Uhr im Büro sein!

Kannst du nicht, ok. Aber besser wäre es.

7 Uhr oder 7:30 Uhr würde auch reichen.


Und was ist mit abends?

Um 17 Uhr geht nach unserem Beispiel die Kaphazeit los bis 22:10 Uhr. Du weißt schon, Kapha, träge, müde, schwer. In dieser Zeit geht man am besten ins Bett. Wenn du dir nun bis 22 Uhr einen Film reinziehst und dann noch die Nachrichten siehst, ist es vielleicht schon 23 Uhr bis du ins Bett kommst. Da ist aber im Winter schon Pittazeit. Dein Pitta ist nachts dafür da, Stoffwechselprodukte des Tages zu verstoffwechseln oder für die Ausscheidung am Morgen vorzubereiten. Zu diesem Zweck muss dein Körper jedoch im Ruhezustand sein. Er muss schlafen. Auch dein Gehirn verarbeitet, sortiert und kombiniert Eindrücke, Erlebnisse, Emotionen, Gerüche usw. im Schlaf.

Wenn du stattdessen hippelig im Bett liegst und dich noch über die letzten Schreckensnachrichten aus den Tagesthemen aufregst, kann dein Körper diese Arbeit nicht erledigen. Dann bekommst du möglicherweise Schlafstörungen, Verdauungsprobleme, Sodbrennen, Hormonstörungen, Gewichtsprobleme und und und.

Und selbst wenn du keine Nachrichten siehst, sondern eine Schlafmilch trinkst, beruhigende Musik vor dem Schlafengehen hörst oder meditierst, kann es sein, dass du dennoch Probleme bekommst.

Das heißt also, selbst wenn du schon versuchst, alles "richtig" zu machen und nach den ayurvedischen Tagesrhythmen zu leben, kann es sein, dass du die Jahreszeiten und den jeweiligen Sonnenstand nicht berücksichtigt hast. Dann hast du vielleicht das Gefühl, dass das ganze Ayurvedadings auch nichts bringt. Dabei wurde dir nur nicht ganz genau beigebracht, es richtig anzuwenden.

Es gibt aber auch eine gute Nachricht. So kurz der Tag im Winter ist, so lang ist er im Sommer. Da hast du dann abends länger Zeit, ins Bett zu gehen und könntest morgens früher aufstehen. Da würdest du deinen Rhythmus wieder durcheinanderbringen, wenn du trotzdem um 21 Uhr ins Bett gehen würdest.


Fazit

Probiere einfach einmal aus, weitestgehend nach dem natürlichen Rhythmus der Natur zu leben. Berechne grob die Tagesdauer und die Nachtdauer und orientiere dich bei deinen Tätigkeiten und Schlafrhythmen daran.

Dann kannst du auch schon nach kürzerer Zeit eine positive Veränderung bemerken.




Disclaimer:

Die hier dargelegten Informationen sind allgemeiner Natur und weder geeignet, eine Erkrankung zu diagnostizieren noch zu therapieren oder zu lindern. Sie stellen in keinem Fall eine Beratung im medizinischen Sinne oder sonstigen Sinne dar. Sie können den Rat durch einen Arzt/eine Ärztin/eine Heilpraktikerin/ einen Heilpraktiker oder medizinisches Fachpersonal nicht ersetzen.

Foto: Stefan Moertl, Unsplash



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